Wenn sich Barbara Moll morgens zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr an ihren Schreibtisch in der Emergency-Abteilung der MBS, Anytime, in Köln setzt, hat sie mindestens schon fünf Telefonate geführt und mindestens so viele E-Mails beantwortet.
Sie hat die Aufträge des Tages im Kopf. Den Monitor, der an der Wand über den Köpfen des Teams angebracht ist und hilft, den Überblick in diesem schnelllebigen Geschäft zu behalten, braucht die 63jährige selten. „Ich bin ein Control-Freak. Aber nicht im Sinne, dass ich kontrollieren will, sondern, den Überblick über alles zu behalten. Ich weiß immer genau, wo was wie läuft.“
Barbara Moll ist eine Logistikerin aus Leidenschaft und in der vierten Generation. „Mein Vater war Spediteur, sowie mein Großvater und Urgroßvater, der die Grundlagen mit Pferd und Wagen gelegt hat.“ erklärt sie, bevor eine Mail hereinrauscht und schnelles Umdenken erfordert: Marokko schließt wieder die Pforten wegen neuer Covid- Fälle und streicht die Flüge ex Deutschland. Da es sich um einen wichtigen Markt für die Anytime handelt, müssen nun schnellstens Alternativen gesucht und beispielsweise via Frankreich geprüft werden. „Ich wollte schon immer Speditionskaufmann werden,“ sagt sie und muss selbst über die männliche Form der Berufsbezeichnung lächeln, die damals ganz selbstverständlich auch für Frauen galt. 1977 bei Kühne und Nagel begonnen, baute sie zwischen den Jahren 2007 und 2017 in Frankfurt das Deutschlandbüro für einen französischen Emergency-Anbieter auf.
Seit 2017 ist sie für die MBS beschäftigt. „Eine Erkrankung in meiner Familie war der Grund, dass ich mich 2017 zurück nach Köln orientiert habe und da stand sehr schnell die Frage im Raum, ob ich für die MBS die Emergency-Sparte aufbauen könnte,“ erzählt Barbara Moll. Schnell war sie sehr erfolgreich.
Mittlerweile umfasst die Anytime, wie die 24/7 Emergency Abteilung bei der MBS heißt, sieben Mitarbeitende. Der Schreibtisch von Barbara Moll steht mittendrin. Flache Hierarchien sind ihr wichtig. Eitelkeiten interessieren sie nicht. „Ich bin gerne mitten im Geschehen. Meine Leute arbeiten im Drei-Schichtsystem. Das Geschäft ist knallhart. Da braucht man starke Nerven.“ Die beweist Moll mittlerweile seit sechs Stunden. Es ist 14 Uhr und gegessen hat sie bisher noch nichts. „Das Emergency-Geschäft ist ein Face to Face Business. Die Kunden vertrauen uns. Sie kennen uns. Wir wissen, wie sie ticken. Bei unseren Aufträgen geht es für unsere Kunden um riesige Summen. Wenn da ein paar Schrauben fehlen und dann Bandstillstand droht, das möchte kein Unternehmen riskieren. Im Emergency-Business ist viel Adrenalin im Spiel.“ Barbara Moll ist ein Energiebündel, während sie gleichzeitig völlig gelassen und in sich ruhend wirkt. Kein Wunder: Schaut sie doch auf 44 Berufsjahre und damit reichlich Erfahrung zurück. Dinge, die sie auch gerne an die nächste Generation weitergibt.
In dieser Schicht sitzen Max Sommershof, Felix Kaiser und Dennis Münz mit an den Schreibtischen. Die Stimmung ist gut – trotz des enorm anspannenden Geschäfts. „Ich habe hier eine wirklich tolle Truppe. Ich arbeite eh am liebsten im Team und dieses hier ist wirklich das Beste,“ sagt Moll und schaut stolz in die Runde. Das Anytime-Team ist in der Luftfrachtabteilung der MBS Logistics Köln untergebracht – die Kollegin Manuela Thon sitzt in Frankfurt. Schaut man sich um, so wird schnell klar: Frauen sind hier deutlich unterrepräsentiert. „Ich finde es schade, dass es so wenig Frauen in den Führungspositionen in der Logistik gibt. Es würde der ganzen Branche guttun, wenn es mehr wären. Ich selbst kann auch nur dazu ermutigen. Aber klar. Für die Logistik braucht man sicherlich stärkere Nerven und ein dickeres Fell als woanders. Die Umgangssprache ist rau und man kommt auch heute nur sehr schwer an den Männern vorbei. Das würde einerseits besser werden, wenn wir mehr werden, auf der anderen Seite stelle ich bei den jungen männlichen Kollegen in der Hinsicht auch ein Umdenken fest.“
Dann lächelt sie und sagt: „Manche Männer meinen, sie hätten die Logistik erfunden. Frauen wird dann oft abgesprochen, logisch denken zu können. Das ist noch ganz fest in unserem Kollektivgedächtnis abgespeichert. Dabei denken Frauen fast noch logischer. Sie mussten seit Jahrtausenden alles managen und komplexe Strukturen und Abläufe in Einklang bringen. Wir müssen uns besser gegenseitig unterstützen. Es braucht Mentorinnen-Programme für junge Frauen in der Logistik. So wie es die Männer auch machen – wenn vielleicht auch nicht so institutionalisiert.“
Dies alles sagt sie laut genug, dass Max und Felix es hören müssen. Und das tun sie auch, lächeln zustimmend und sind sichtlich stolz auf die Chefin, die so viel bewegt und bis heute initiativ unterwegs ist, um das Emergency-Produkt der MBS, die Anytime, noch bekannter und erfolgreicher zu machen. Ein Brötchen hat sie dann doch zwischendurch gegessen, bevor Barbara Moll heute um 17 Uhr das Büro verlässt. „Heute muss ich früh nach Hause. Kino mit der Enkeltochter ist angesagt.“ Vielleicht trägt auch die Kleine, das Kasel Logistikgen in sich. Wer weiß….